Wie du das Gedankenkarussell verlassen und das Grübeln stoppen kannst.
Du neigst zum Grübeln? In diesem Artikel
- erfährst du, warum Grübeln mehr schadet als nützt und welche negativen Folgen es haben kann.
- bekommst du wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse und praktische Tipps, um das Gedankenkarussell zu stoppen.
- lernst du drei einfache, aber wirksame "Grübeln stoppen"- Übungen kennen, um die Richtung deiner Gedanken zu ändern und innere Ruhe zu finden.
Wenn dein Kopf ein Endlosfilm ist – und du die Fernbedienung nicht findest
Kennst du das? Du willst dich entspannen, aber dein Gehirn hat sich in einen hyperaktiven Drehbuchautor verwandelt. Es erfindet Dramen, konstruiert Dialoge, die nie stattfinden werden. Es schickt dich auf eine emotionale Achterbahnfahrt, obwohl du eigentlich nur eine ruhige Tasse Tee trinken wolltest.
Herzlichen Glückwunsch. Du bist im Gedankenkarussell gefangen. Und das Ticket scheint auf Lebenszeit gültig zu sein.
Willkommen im Club der Overthinker
Ich war lange Ehrenmitglied im Club der Overthinker! Und ich kann dir sagen: Grübeln ist ein zäher Gegner. Es tarnt sich als produktives Nachdenken, als analytisches Meistern von Herausforderungen.
Doch in Wahrheit ist es eher wie ein Auto, das auf einer nassen Wiese mit Vollgas auf der Stelle fährt, während die Reifen durchdrehen. Wenn du zu viel denkst, kann das nicht nur deine Emotionen belasten, sondern dich auch davon abhalten, wirklich ins Handeln zu kommen.
Ich erinnere mich noch gut an den Moment, als es mich das letzte Mal so richtig erwischt hat. Mein Partner Chakie und ich hatten eine Reise auf die Philippinen geplant. Alles war gebucht, die Vorfreude groß. Doch dann las ich eine Nachricht: Spannungen in Taiwan.
Plötzlich war mein Hirn in Alarmbereitschaft. Was, wenn genau dann ein Krieg ausbricht? Was, wenn unser Flug gestrichen wird? Was, wenn wir in einer internationalen Krise festsitzen?
Mein Puls stieg, meine Gedanken rasten. Rational wusste ich: Die Wahrscheinlichkeit war verschwindend gering. Aber Gefühle halten sich nicht an Wahrscheinlichkeiten. Sie folgen ihren eigenen Gesetzen.
Also tat ich das Naheliegendste: Ich sprach mit Chakie. Seine Reaktion?
Ganz anders als meine! „Wenn du dir solche Sorgen machst, dann storniere deinen Flug und such dir eine andere Route. Aber ich werde mir die Vorfreude nicht nehmen lassen.“
Bumm.
Da stand ich.
Auf der einen Seite meine Angst, auf der anderen die nüchterne Realität. Und plötzlich wurde mir etwas klar:
Warum wir uns selbst so gerne quälen
Hochsensible Menschen sind besonders betroffen: Sie verarbeiten Informationen tiefer, denken länger über Dinge nach und verlieren sich oft in ihren Gedanken. Ihre Gedanken kreisen dann manchmal stunden- und tagelang um bestimmte Themen. Mehr dazu in meinem Artikel über die besonderen Merkmale von Hochsensibilität. - Hochsensibel? 63 Charaktereigenschaften, die typisch sind
Dabei ist Grübeln kein harmloses Kopfkino. Es ist anstrengend, kräfteraubend und auf Dauer sogar gesundheitsschädlich und produziert Überreizungssymptome. Die wichtigsten negativen Folgen von exzessivem Grübeln sind wissenschaftlich belegt:
Unser Gehirn ist von Natur aus ein Problemfinder mit einer eingebauten Überbewertung von Dingen, die schlecht für uns wären. Das nennt sich "Negativitätsverzerrung" (Quelle*)
Diese Verzerrung führt dazu, dass wir Gefahren überbewerten und positive Aspekte ausblenden. Eine Fähigkeit, die uns früher das Leben gerettet hat („Ist das ein harmloses Geräusch oder ein Säbelzahntiger?“). Ein Überlebensmechanismus aus der Steinzeit – aber wenig hilfreich, wenn wir einfach nur eine Reise genießen wollen. Heute allerdings bringt uns das vor allem eines: unnötigen Stress.
Das Fatale daran: Unser Gehirn kann nicht zwischen echten und eingebildeten Gefahren unterscheiden. Es schüttet Stresshormone aus, unser Körper verspannt sich, wir schlafen schlechter und sogar körperliche Symptome stellen sich ein. Chronisches Gedankenkreisen kann sogar das Immunsystem schwächen und uns krank machen. (Quelle*)
Falls du wissen möchtest, ob deine körperlichen Symptome mit hoher Sensibilität in Verbindung stehen, findest du in diesem Blogartikel Hinweise, die du vielleicht noch nicht kanntest: Hochsensibel: Körperliche Symptome
Der Unterschied zwischen Grübeln und Nachdenken
Oft wird Grübeln mit Nachdenken verwechselt – doch es gibt einen entscheidenden Unterschied. Nachdenken ist ein bewusster, zielgerichteter Prozess: Man sammelt Informationen, wägt Optionen ab und trifft eine Entscheidung.
Grübeln hingegen ist ziellos und dreht sich im Kreis. Dieselben negativen Gedanken werden immer wieder durchgespielt, ohne zu einer Lösung zu kommen.
Während Nachdenken zu Klarheit führt, verstärkt Grübeln Gefühle von Unsicherheit und Angst.
Woran du erkennst, dass du zu viel grübelst
Manchmal merkt man selbst gar nicht, dass man in einer Grübelfalle steckt. Ein sicheres Zeichen ist, wenn du wiederholt über dasselbe Problem nachdenkst, ohne neue Erkenntnisse zu gewinnen. Weitere Warnsignale sind:
- Du denkst oft über Dinge nach, die außerhalb deiner Kontrolle liegen.
- Deine Gedanken führen zu keiner konkreten Lösung, sondern verstärken deine Sorgen.
- Du hast Schwierigkeiten, abzuschalten, selbst wenn du dich entspannen möchtest.
- Deine Gedanken beeinträchtigen deine Stimmung und machen dich emotional erschöpft.
- Du schläfst schlecht, weil sich dein Geist nicht beruhigt.
Die geheime Verführung des Gedankenkarussells
Manchmal fühlt sich Grübeln wie Kontrolle an. Als könnten wir durch genug Denken eine Situation entschärfen, einen drohenden Konflikt verhindern, eine perfekte Entscheidung treffen. Doch genau das Gegenteil passiert: Je mehr wir grübeln, desto weniger kommen wir zu einer Lösung. Es ist, als würde man in Treibsand treten – jeder Versuch, sich zu befreien, zieht einen nur tiefer hinein.
Sabine erlebte dies nach ihrer Trennung. Tag und Nacht kreisten ihre Gedanken um das „Warum“ – hätte sie etwas anders machen können? Doch dann entschied sie sich für eine Taktik, die ihr half: Tennis. Eine Sportart, die volle Konzentration erfordert. Während sie spielte, hatte sie keine Zeit, über den Verlust nachzudenken. Sie war ganz im Moment. Und genau das war der Wendepunkt: Die intensive, fokussierte Aktivität half ihr, die zwanghaften Gedanken zu durchbrechen.
Drei schnelle Übungen zum Grübeln stoppen
Falls du sofort etwas tun möchtest, um dein ständiges Grübeln zu stoppen, probiere diese drei einfachen Übungen aus:
- Die 5-4-3-2-1-Methode: Schalte dein Grübeln aus, indem du dich auf deine Sinne konzentrierst. Benenne fünf Dinge, die du siehst, vier Dinge, die du hörst, drei Dinge, die du spürst, zwei Dinge, die du riechst und eine Sache, die du schmeckst. Das bringt dich sofort ins Hier und Jetzt - probier es aus!
- Dich bewusst und gezielt auf Positives konzentrieren Wenn du merkst, dass du in Grübeleien versinkst, mach dir bewusst, dass dir ständig positive Dinge begegnen, für die du dankbar sein kannst. Das Gefühl von Dankbarkeit kann dir helfen, den Unsicherheiten des Lebens offen zu begegnen. Mehr darüber in meinem Artikel Hochsensibel und glücklich – die Bedeutung von Dankbarkeit
- Entstresse deinen Körper: Steh auf, schüttle dich aus, gehe eine Runde spazieren oder atme tief durch. Bewegung hilft, das stressige "Overthinking" zu unterbrechen und deinen Fokus zu verändern. Auch Musik kann dir dabei helfen, mit starkem Beat oder mit heilenden Klängen.
Und jetzt?
Es gibt Wege, um aus dem endlosen Kopfkino auszusteigen. Ich kenne das selber nur zu gut. Aber du hast jetzt Möglichkeiten gefunden, die dir helfen, wieder zu innerer Ruhe zu finden. Und wenn du bereit bist, tiefer einzutauchen – ohne nur an der Oberfläche zu kratzen –, dann begleite ich dich gern dabei.
Hochsensibilität bedeutet nicht, dass du dem Grübeln hilflos ausgeliefert bist – im Gegenteil! Deine Fähigkeit zur tiefen Verarbeitung ist eine Stärke, wenn du sie gezielt nutzt.
Der erste Schritt?
Erkenne, dass du mehr Einfluss auf deine Gedanken hast, als du denkst. Und dass du nicht alles alleine lösen musst.
Quellen
- Negativitätsverzerrung https://blog.zhaw.ch/iap/2020/05/29/der-hang-zum-negativen-steckt-in-uns-allen/
- krankhaftes Grübeln und seine Folgen https://www.oberbergkliniken.de/symptome/pathologisches-gruebeln
- Grübelzwang https://www.ardalpha.de/wissen/psychologie/gruebeln-stoppen-gruebelzwang-gedankenkarussell-gedanken-nachdenken-100.html
- Sinnlosigkeit von Grübelgedanken https://www.addisca.de/magazin/mental-health/warum-gruebeln-nichts-bringt/
- Stress durch Grübeln https://www.tk.de/techniker/magazin/life-balance/stress-bewaeltigen/gruebeln-2093330